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Frauen an uns ungebildet zuruecklassen, das bilden die Kinder aus, wenn wir uns mit
ihnen abgeben."
"ueberhaupt daechte ich", versetzte Jarno, "Sie entsagten kurz und gut dem Theater, zu
dem Sie doch einmal kein Talent haben."
Wilhelm war betroffen; er musste sich zusammennehmen, denn Jarnos harte Worte
hatten seine Eigenliebe nicht wenig verletzt. "Wenn Sie mich davon ueberzeugen",
versetzte er mit gezwungenem Laecheln, "so werden Sie mir einen Dienst erweisen, ob
es gleich nur ein trauriger Dienst ist, wenn man uns aus einem Lieblingstraume
aufschuettelt."
"Ohne viel weiter darueber zu reden", versetzte Jarno, "moechte ich Sie nur antreiben,
erst die Kinder zu holen; das uebrige wird sich schon geben."
"Ich bin bereit dazu", versetzte Wilhelm, "ich bin unruhig und neugierig, ob ich nicht von
dem Schicksal des Knaben etwas Naeheres entdecken kann; ich verlange das
Maedchen wiederzusehen, das sich mit so vieler Eigenheit an mich angeschlossen hat."
Man ward einig, dass er bald abreisen sollte.
Den andern Tag hatte er sich dazu vorbereitet, das Pferd war gesattelt, nur wollte er
noch von Lothario Abschied nehmen. Als die Esszeit herbeikam, setzte man sich wie
gewoehnlich zu Tische, ohne auf den Hausherrn zu warten; er kam erst spaet und
setzte sich zu ihnen.
"Ich wollte wetten", sagte Jarno, "Sie haben heute Ihr zaertliches Herz wieder auf die
Probe gestellt, Sie haben der Begierde nicht widerstehen koennen, Ihre ehemalige
Geliebte wiederzusehen."
"Erraten!" versetzte Lothario.
"Lassen Sie uns hoeren", sagte Jarno, "wie ist es abgelaufen? Ich bin aeusserst
neugierig."
"Ich leugne nicht", versetzte Lothario, "dass mir das Abenteuer mehr als billig auf dem
Herzen lag; ich fasste daher den Entschluss, nochmals hinzureiten und die Person
wirklich zu sehen, deren verjuengtes Bild mir eine so angenehme Illusion gemacht
hatte. Ich stieg schon in einiger Entfernung vom Hause ab und liess die Pferde beiseite
fuehren, um die Kinder nicht zu stoeren, die vor dem Tore spielten. Ich ging in das
Haus, und von ungefaehr kam sie mir entgegen, denn sie war es selbst, und ich
erkannte sie ungeachtet der grossen Veraenderung wieder. Sie war staerker geworden
und schien groesser zu sein; ihre Anmut blickte durch ein gesetztes Wesen hindurch,
und ihre Munterkeit war in ein stilles Nachdenken uebergegangen. Ihr Kopf, den sie
sonst so leicht und frei trug, hing ein wenig gesenkt, und leise Falten waren ueber ihre
Stirne gezogen.
Sie schlug die Augen nieder, als sie mich sah, aber keine Roete verkuendigte eine
innere Bewegung des Herzens. Ich reichte ihr die Hand, sie gab mir die ihrige; ich fragte
nach ihrem Manne, er war abwesend; nach ihren Kindern, sie trat an die Tuere und rief
sie herbei, alle kamen und versammelten sich um sie. Es ist nichts reizender, als eine
Mutter zu sehen mit einem Kinde auf dem Arme, und nichts ehrwuerdiger als eine
Mutter unter vielen Kindern. Ich fragte nach den Namen der Kleinen, um doch nur etwas
zu sagen; sie bat mich, hineinzutreten und auf ihren Vater zu warten. Ich nahm es an;
sie fuehrte mich in die Stube, wo ich beinahe noch alles auf dem alten Platze fand, und-
-sonderbar! die schoene Muhme, ihr Ebenbild, sass auf ebendem Schemel hinter dem
Spinnrocken, wo ich meine Geliebte in ebender Gestalt so oft gefunden hatte. Ein
kleines Maedchen, das seiner Mutter vollkommen glich, war uns nachgefolgt, und so
stand ich in der sonderbarsten Gegenwart, zwischen der Vergangenheit und Zukunft,
wie in einem Orangenwalde, wo in einem kleinen Bezirk Blueten und Fruechte
stufenweis nebeneinander leben. Die Muhme ging hinaus, einige Erfrischung zu holen,
ich gab dem ehemals so geliebten Geschoepfe die Hand und sagte zu ihr: "Ich habe
eine rechte Freude, Sie wiederzusehen."--"Sie sind sehr gut, mir das zu sagen",
versetzte sie; "aber auch ich kann Ihnen versichern, dass ich eine unaussprechliche
Freude habe. Wie oft habe ich mir gewuenscht, Sie nur noch einmal in meinem Leben
wiederzusehen; ich habe es in Augenblicken gewuenscht, die ich fuer meine letzten
hielt." Sie sagte das mit einer gesetzten Stimme, ohne Ruehrung, mit jener
Natuerlichkeit, die mich ehemals so sehr an ihr entzueckte. Die Muhme kam wieder, ihr
Vater dazu--und ich ueberlasse euch zu denken, mit welchem Herzen ich blieb und mit
welchem ich mich entfernte."
VII. Buch, 8. Kapitel--1
Achtes Kapitel
Wilhelm hatte auf seinem Wege nach der Stadt die edlen weiblichen Geschoepfe, die er
kannte und von denen er gehoert hatte, im Sinne; ihre sonderbaren Schicksale, die
wenig Erfreuliches enthielten, waren ihm schmerzlich gegenwaertig. "Ach!" rief er aus,
"arme Mariane! was werde ich noch von dir erfahren muessen? Und dich, herrliche
Amazone, edler Schutzgeist, dem ich so viel schuldig bin, dem ich ueberall zu
begegnen hoffe und den ich leider nirgends finde, in welchen traurigen Umstaenden
treff ich dich vielleicht, wenn du mir einst wieder begegnest!"
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