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schmeckte wrzig und rein, so, wie sie noch nie
Luft wahrgenommen hatte.
Hier hat sich eine Menge verndert, stellte
Nick fest. Der Chevy setzte sanft auf dem Eis auf
und rollte ungebremst auf das groe Tor zu, das
sich nur dem ffnete, der ein reines Herz hatte.
Einen verrckten Augenblick lang frchtete Nick,
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das Tor wrde sich vor ihnen schlieen, vor dem
Mann, der von hier aus viele Jahrhunderte lang als
wahrer Weihnachtsmann gewirkt hatte, bis das
Gift des Fortschritts ihn vergiftet hatte und er hier
nicht mehr geduldet werden konnte. Zuerst hatte
er Merlins schroffe Reaktion ihm gegenber nicht
verstehen knnen, und jetzt wunderte er sich, da
er ihn so lang hatte gewhren lassen.
Nachdem die alte Dreckschleuder von Fabrik
stillgelegt wurde, ist es hier viel angenehmer ge-
worden, besttigte Latisha.
Insgeheim gab ihr Nick recht, aber er behielt
seine Gedanken fr sich. Statt dessen starrte er
wie hypnotisiert auf die mchtigen Flgeltren
des Tors, in der Erwartung, da sie jeden Augen-
blick zuschlagen wrden. Aber nichts dergleichen
geschah. Der Chevy rollte durch das Tor, ein
Fahrzeug, wie es hier eigentlich nicht hingehrte
und wie es doch jetzt hier hinpate und sich har-
monisch in die Stimmung einpate, die ber die-
sem geheimen Teil des Nordpols lag. Er rollte
vorbei an Gabelstaplern, Treckern und Spielzeug-
kisten - alles stand genau so da wie an dem denk-
wrdigen Tag, als die Elfen die Arbeit niederge-
legt hatten. Wenn Nick keinen Erfolg hatte und
Weihnachten wirklich abgeschafft wrde, dann
wrden sie wohl bis in alle Ewigkeit hier stehen,
bis sie verrosteten und auseinanderfielen und
schlielich im ewigen Eis versanken. Dabei war
sich Nick bewut, da es nie wieder so werden
wrde, wie es einmal gewesen war. Wenn man
ihn wieder als Weihnachtsmann einsetzte, wrde
er eigenhndig den groen Hauptschalter der Fa-
brik auf Stillstand stellen und dafr sorgen, da
jeglicher technischer Klimbim hier ganz schnell
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wieder verschwand. Statt der futuristischen Kup-
pel wrde er eine gemtliche Holzstadt schaffen,
mit warmen und freundlichen Farben und einer
einladenden Atmosphre, und dann wrde er zu-
sammen mit all seinen Freunden beratschlagen,
wie sie Weihnachten knftig gestalten knnten.
Dann lieen sie den Gertehof hinter sich, die-
sen Friedhof toter Materie, der durch Benzin oder
Strom angetrieben so beeindruckend sein konnte,
da sogar Nick jahrzehntelang auf seinen harten,
metallischen Takt hereingefallen war. Der Chevy
fuhr wie von selbst, und Nick hatte das Gefhl, er
bruchte gar nicht zu lenken sondern nur zuzu-
lassen, und alles andere geschhe ganz von allei-
ne. Es war sicherlich kein Auto im eigentlichen
Sinne, sondern eine magische Manifestation eines
Lebensgefhls - vor ein paar hundert Jahren wre
es eine Pferdekutsche gewesen, irgendwann im
nchsten Jahrtausend wrde es vielleicht ein
Raumgleiter oder etwas gnzlich anderes sein,
vielleicht so etwas wie die magischen Skate-
boards, die die Katzenfrauen hin und wieder
benutzten, oder aber auch etwas Materieloses, et-
was, das losgelst von Raum und Zeit funktio-
nierte.
So hnlich wie er selbst. So nah und doch weit
entfernt von dem, was ihm vor nunmehr tausend
Jahren geschehen war und ihn auf immer hatte
zum Weihnachtsmann werden lassen. Oder doch
fr zumindest einen so langen Zeitraum, da es
einem Sterblichen wie die Ewigkeit vorkam. Aber
was waren gut tausend Jahre im Vergleich zu den
vielen Milliarden Jahren, die das Universum be-
reits existierte, zu dem gigantischen Wechsel der
Lebenszyklen ganzer Rassen, zur Geburt eines
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neuen Sterns, seines strahlenden Lebens und sei-
ner verblassenden Existenz als schwarzer Riese?
Im Vergleich dazu waren gut tausend Jahre
nicht mehr als der Flgelschlag eines Schmetter-
lings. Und nur, weil er Dutzende menschlicher Ce-
nerationen an sich hatte vorbeiziehen sehen, war
er doch nicht wesentlich anders als sie. Er war an-
fllig fr Verfhrung und Verblendung, er war in
der Lage, Fehlentscheidungen zu treffen, die ihn
und das Weihnachtsfest an den Rand des Ab-
grunds fhrten. Was aber bedeutete Weihnach-
ten? In der Realitt bedeutete es Hektik, rhrselige
Sentimentalitt, Familienstreit und Zerwrfnis.
Und das hatte er untersttzt? Dem hatte er nicht
Einhalt geboten, sondern l aufs Feuer gegossen
und sich nicht davor bewahrt, eine Fabrik errich-
ten zu lassen, die Monster-Killer produzierte?
Wozu? Damit jemand wie Mallory noch reicher
wurde und damit er dazu beitrug, da noch ein
bichen mehr Gewalt in die Welt einkehrte und
die friedliche Grundidee von Weihnachten ad ab-
surdum fhrte?
Der Chevy kam zum Stillstand; mglich, da er
selber gebremst hatte, mglich aber auch, da er
sowieso gehalten htte, von einer anderen Macht
bestimmt, der Merlin zwar nahestand, die aber
auch er nicht beherrschte.
Sieht ja aus wie eine Totenstadt, meinte Virgi-
nia. Sie versuchte offensichtlich, frhlich zu klin-
gen, doch statt dessen hallte in ihrer Stimme die
ganze Verunsicherung wider, die sie angesichts
der sich berstrzenden Ereignisse empfinden
mute,
Oh, hm ..., machte Nick. Im Moment ha-
ben alle Pause.
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So kurz vor Weihnachten? fragte Virginia er-
staunt. Ich hatte gedacht, da hier dann alles
kopfsteht!
Wrde es normalerweise auch, dachte Nick,
aber er htete sich, den Gedanken auszusprechen.
Er drehte sich zu den Katzenfrauen um, irritiert
darber, da sie die ganze Zeit so still gewesen
waren. Aber dann erkannte er den Grund: Sie wa-
ren dabei, ihre magischen Skateboards anzulegen,
diese ganz besonderen Fluggerte, die, getrieben
von ihrer Vorstellungskraft, dazu einluden, durch
die Nacht zu sausen.
Was habt ihr denn vor? fragte er, und eine
steile Falte erschien auf seiner Stirn.
Wir gehen uns ein bichen erfrischen, sagte
Tess, und Monique fgte hinzu: Bis spter dann,
Virginia.
Latisha hatte sich schon erhoben, ruderte zwei-
dreimal mit den Armen und stie sich dann ab.
Mit einem Satz war sie aus dem Auto, scho ein
paar Meter mit schlingernden Bewegungen davon
und fing sich dann wieder. Als sie den Chevy
berholte, stie Virginia einen berraschten Laut
aus.
Was ist das, Nick!? fragte sie entsetzt.
Die Damen sind mobil, knurrte Nick. Sie
sind nicht auf einen alten Wagen angewiesen, um
durch die Luft zu sausen.
Dann jagten auch schon Tess und Monique an
ihnen vorbei. Sie juchzten vor Freude, aber es lag
wohl nicht nur daran, da sie die Freiheit ihrer
Skateboards auskosteten, sondern auch daran, da
sie nun wieder zu Hause waren. Monique steuerte
bermtig auf eine massive Wand hochgestapel-
ter Paletten mit Monster-Killer-Boxen zu, drehte
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kurz vorher ab, breitete die Hnde aus und ging
dann im Flug in die Hocke.
Wieder stie Virginia einen Schrei aus. Wie
auch Nick frchtete sie, da die Katzenfrau in ih-
rem bermut die Kontrolle ber sich verlor. Doch
es war nur ein gewagtes Kunstflugmanver: Mo-
nique ri den Kopf nach hinten und leitete durch
die abrupte Bewegung eine Rolle rckwrts ein.
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