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haben auch immer mehr als zwei.
Das weie Mdchen sagte: Ich bin immer noch ich selbst. Dieser Krper stirbt, ich
spre, wie er rings um
mich herum zerfllt. Wie kann irgendetwas Sterbliches schn sein, wie kann es
Wirklichkeit haben? Molly Grue legte den Mantel des Zauberers wieder um die
Schultern des Mdchens, nicht aus Schamgefhl oder Schicklichkeit, sondern aus
einem merkwrdigen Erbarmen heraus, so als wolle sie es davor bewahren, seinen
Krper sehen zu mssen.
Ich erzhl' dir eine Geschichte, sagte Schmendrick. Als Junge war ich Lehrling
bei dem mchtigsten aller Magier, dem groen Nikos, den ich schon frher erwhnt
habe. Aber selbst Nikos, der Katzen in Khe,
Schneeflocken in Schneeglckchen und Einhrner in Menschen verwandeln konnte,
vermochte nicht, aus mir auch nur einen Jahrmarktskartenknstler zu machen. Zu
guter Letzt sprach er zu mir: >Mein Sohn, deine Untauglichkeit ist so ungeheuer,
deine Talentlosigkeit so tief, da dir grere Mchte innewohnen mssen, als ich sie
je gekannt habe. Leider scheinen diese Krfte im Augenblick verkehrt zu wirken, und
selbst ich wei keinen Weg, das in Ordnung zu bringen. Du mut dazu ausersehen
sein, deinen eigenen Weg zu finden und dir deiner Macht erst zu einer
vorbestimmten Zeit bewut zu werden. Es mag sehr lange dauern, bis du das erlebst,
und deshalb verleihe ich dir die Gabe, vom heutigen Tage an nicht zu altern; du wirst
die Welt durchwandern, unwirksam in alle Ewigkeit, bis du endlich dich selber
findest und weit, was du bist. Danke mir nicht! Ich erzittere vor deinem Geschick.
Das weie Mdchen sah ihn aus den klaren, amarantenen Augen des Einhorns an, die
in dem neuen Gesicht sanft und erschreckend wirkten, doch es sagte nichts. Molly
Grue jedoch fragte: Und wenn du deine Magie einmal gefunden hast, was dann?
Dann ist der Bann gebrochen, und ich werde zu sterben beginnen, so wie ich es bei
meiner Geburt getan habe. Auch der grte Magier wird alt, wie alle anderen
Menschen, und stirbt. Er schwankte und nickte, gab sich einen Ruck, um
wachzubleiben - ein groer, hagerer, abgerissener Mann, der nach Schwei und
Schnaps roch. Ich habe dir gesagt, da ich lter bin, als ich aussehe, fuhr er fort.
Ich ward als Sterblicher geboren, bin eine unsinnige lange Zeit unsterblich gewesen
und werde eines Tages wieder sterblich sein. Deshalb wei ich etwas, was ein
Einhorn nicht wissen kann: Alles Sterbliche ist schn! Schner als ein Einhorn, das
ewig lebt und das schnste Wesen auf der ganzen Welt ist. Verstehst du mich?
Nein, sagte das Mdchen. Der Zauberer lchelte erschpft. Du wirst es schon
noch verstehen. Du bist jetzt zusammen mit uns in dieser Geschichte und mut ihr
folgen, ob du willst oder nicht. Wenn du deine Gefhrten finden willst, wenn du
wieder ein Einhorn werden mchtest, dann mut du den Mrchen zu Knig Haggards
Schlo folgen, mut ihm folgen, wohin auch immer es dich fhrt. Ohne eine
Prinzessin kann diese Geschichte nicht enden.
Das weie Mdchen erwiderte: Ich werde nicht gehen. Es trat ein wenig zur Seite,
sein Krper sah matt und mde aus, das Haar hing stumpf herab. Ich bin keine
Prinzessin, bin keine Sterbliche, und ich werde nicht gehen. Seit ich meinen Wald
verlassen habe, ist mir nur Bses widerfahren, und nichts als Bses kann den anderen
Einhrnern in diesem Lande widerfahren sein. Gib mir meine alte Gestalt zurck,
dann werde ich zu in einen Bumen zurckkehren, zu meinem Teich, in meine
Heimat. Deine Geschichte hat ber mich keine Gewalt, denn ich bin ein Einhorn. Ich
bin das letzte Einhorn.
Hatte es das nicht schon einmal gesagt, vor langer Zeit, in der blaugrnen Stille
seines Waldes? Schmendrick lchelte immer noch, doch Molly Grue sagte: Gib ihm
seine alte Gestalt zurck. Du hast gesagt, du knntest es. La es nach Hause gehen!
Das steht nicht in meiner Macht, erwiderte er. Ich habe dir gesagt, da der Zauber
nicht unter meinem Befehl steht, noch nicht. Deshalb mu auch ich weiterziehen zum
Schlo, ins Glck oder Unglck, das mich dort erwartet. Versuchte ich, die
Verwandlung jetzt rckgngig zu machen, knnte ich es wirklich in ein Nashorn
verwandeln. Das wre noch das Beste, was aber das Schlimmste anbetrifft er
schauderte und verstummte.
Das Mdchen schaute zu dem Schlo hinber, das ber das Tal emporragte. Hinter
keinem der fernen Fenster, auf keinem der torkelnden Trme nahm sie eine
Bewegung wahr. Auch vom Roten Stier war nichts zu sehen, doch sprte es dessen
Anwesenheit, sprte, da er an den Wurzeln des Schlosses lag und auf die Nacht
lauerte. Das Mdchen berhrte zum zweiten Mal die Stelle auf seiner Stirn.
Als es sich umwandte, waren der Mann und die Frau eingeschlafen, wo sie gerade
saen: ihre Kpfe auf Luft gebettet, ihre Mnder offenhngend. Es stand bei ihnen
und sah ihrem Atem zu, hielt mit der einen Hand den schwarzen Mantel um den Hals
geschlossen. Sehr schwach trieb zum ersten Mal der Geruch des Meeres zu ihm
herber.
Den Wchter ersphten sie kurz vor Sonnenuntergang als das Meer bewegungslos
und blendend dalag. Sie patroullierten auf dem zweitgrten der vielen Trme, die
krumm und schief dem Schlo entsprossen und es aussehen lieen wie einen Baum,
dessen Wurzeln in die Luft wachsen. Die beiden Mnner konnten von hier oben das
gesamte Tal von Hagsgate berblicken: die Stadt und die kahlen Hgel dahinter, bis
hin zur Strae, die vom Talrand her zu dem mchtigen, doch verfallenden Schlotor
fhrte.
Ein Mann und zwei Frauen, meldete der eine Wchter. Er lief hinber auf die
andere Seite des Turmes - eine schwindelerregende Bewegung, denn der Turm neigte
sich so stark, da der halbe Horizont des Postens aus Meer bestand. Das Schlo sa
an der Kante eines Kliffs, das steil und glatt wie eine Messerschneide abfiel; drunten
lag ein schmaler, blasser Strand mit eingesprengten grnen und schwarzen Felsen.
Bauschige Vgel hockten auf diesen Felsen, kreischten sagteso, sagteso.
Der andere Wchter folgte seinem Kameraden mit gemchlichem Schritt. Er sagte:
Ein Mann und eine Frau. Die Gestalt in dem Mantel, ich bin mir ihrer nicht sicher.
Beide Wchter trugen selbstgemachte Kettenhemden: eiserne Ringe,
Flaschenverschlsse und Kettenglieder auf halbgegerbte Hute genht; ihre Gesichter
waren hinter rostigen Visieren verborgen. Die Stimme des zweiten Postens und seine
Haltung kennzeichneten ihn als den lteren. Die in dem schwarzen Mantel,
wiederholte er, sei dir ihrer nicht zu schnell zu sicher.
Sein Kamerad beugte sich weit hinaus in den orangenen Glanz des kopfstehenden
Meeres, wobei er sich an der Brustwehr einige Bolzen von seiner armseligen
Rstung ri. Es ist eine Frau! rief er. Ich wrde eher mein eigenes Geschlecht
bezweifeln als das ihre!
Daran ttest du gut, versetzte der andere hhnisch, denn auer im Herrensitz zu
reiten, tust du nichts, was einem Manne ziemt. Ich sage dir nochmal: nenne diese
dritte Gestalt nicht vorschnell Mann oder Frau. Warte, wart' ab, was du siehst.
Der erste Wchter erwiderte, ohne sich umzudrehen: Wre ich aufgewachsen, ohne
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